Bewusstsein
Grobe, subtile und subtilste
Einleitung
Unser Geist ist eine weite und komplexe Landschaft, die verschiedene Ebenen des Bewusstseins umfasst. Das Verständnis dieser Ebenen – von der groben bis zur subtilsten – hilft uns, die Natur unseres Gewahrseins zu erkennen. Durch Praktiken wie Meditation und Selbsterforschung können wir diese Ebenen durchschreiten und letztlich zu dem reinen Gewahrsein zurückkehren, das unser wahres Wesen ist. Diese Reise ist nicht nur ein Weg der Selbsterkenntnis, sondern auch ein Mittel, Klarheit, Frieden und Freiheit zu erlangen.
1) Der Grobe Geist: Der Wachzustand
Der grobe Geist steht in enger Verbindung mit unserem bewussten Geist und dem Wachzustand. Er ist die oberflächlichste Ebene unseres Gewahrseins, auf der wir durch unsere fünf Sinne mit der äußeren Welt interagieren. In diesem Zustand ist unsere Aufmerksamkeit nach außen gerichtet – wir nehmen die physische Welt wahr und reagieren auf sie. Wir identifizieren uns mit dem Körper und dem Ego und vergessen dabei oft, dass wir das Gewahrsein sind, das diese Erfahrungen beobachtet. Diese äußere Ausrichtung führt zu Wünschen und Bindungen, die wiederum ein Gefühl von Getrenntheit und Individualität erzeugen.
Im Wachzustand verlassen wir uns stark auf unsere Sinne, um uns in der Welt zurechtzufinden, und unser Körper dient als Schlüssel zu unseren Erfahrungen. Wenn wir uns jedoch ausschließlich mit dem Körper und den Sinnen identifizieren, verlieren wir das Bewusstsein für unsere wahre Natur – das reine Gewahrsein. Diese Identifikation mit dem groben Geist hält uns in einem Kreislauf des Festhaltens an Erfahrungen gefangen, in dem wir glauben, diese Erfahrungen seien unser Selbst. So entsteht das Konzept des „Ich“ – aus den Informationen, die wir im Laufe der Zeit gesammelt haben.
2) Der Subtile Geist: Der Traumzustand
Wenn wir tiefer in unser Bewusstsein vordringen, betreten wir den Bereich des subtilen Geistes, also des Unterbewusstseins. Dieser Zustand entspricht dem Traumzustand, in dem sich unser Gewahrsein vom physischen Körper entfernt. Zwar bleibt ein kleiner Teil unseres Gewahrseins noch im Körper, aber der Großteil verlagert sich in das Unterbewusstsein, wo Erinnerungen, Wünsche und ungelöste Muster aus unserem Wachleben gespeichert sind. Studien zeigen, dass bis zu 95 % unserer täglichen Aktivitäten vom Unterbewusstsein gesteuert werden.
Das Unterbewusstsein ist wie ein riesiger Keller mit vielen Räumen. Ein Raum enthält unsere persönlichen Erinnerungen und gespeicherten Erfahrungen. Doch jenseits unseres eigenen Raumes gibt es weitere – sie beherbergen Eindrücke und Erinnerungen anderer sowie kollektive Muster, die allen Wesen gemeinsam sind. Normalerweise sind wir in unserem eigenen Raum eingeschlossen und glauben, er sei die Gesamtheit unseres Selbst. Doch sobald wir erkennen, dass wir das Gewahrsein sind – und nicht der Inhalt des Raumes –, beginnen wir, tiefere Schichten universellen Wissens und Verstehens zu erschließen.
3) Der Subtilste Geist: Der Traumlose Zustand
Noch tiefer liegt der subtilste Geist, der dem traumlosen Schlafzustand entspricht. Diese Ebene ist frei von Bildern und Gedanken – ein Zustand der Stille, des Schweigens und des unmanifestierten Potenzials. Hier lösen sich alle Erfahrungen auf. Das Ego und die Persönlichkeit verschwinden vorübergehend, und doch bleibt ein tiefes Gefühl des Seins bestehen – auch wenn wir es oft nicht wahrnehmen, weil wir uns mit Form und Aktivität identifizieren.
Dieser subtilste Geist ist das Fundament des Unterbewusstseins – ein weites Feld ruhender Schwingungen, die darauf warten, Gestalt anzunehmen. Er ist eher universell als individuell. Im Tiefschlaf berühren wir diesen Zustand unbewusst, doch durch Meditation und Gewahrseinspraktiken können wir lernen, ihn bewusst zu betreten. Wenn uns das gelingt, entdecken wir, dass das, was wie Leere erscheint, in Wirklichkeit eine stille Fülle ist – eine unveränderliche Präsenz.
Diesen Zustand bewusst zu erreichen bedeutet, unser innerstes Selbst zu erforschen, wo das Gewahrsein – frei von jeder Störung – erkannt werden kann. Bewusst in diesem Zustand zu ruhen ist das, was die Yogis Nirvikalpa Samadhi nannten – der Zustand des Selbst-Verstehens.
4) Gewahrsein: Das Immergegenwärtige Licht
Jenseits all dieser Zustände – Wachsein, Träumen und traumloser Schlaf – liegt das Gewahrsein selbst. Gewahrsein ist kein Zustand; es ist der Hintergrund aller Zustände. Es ist das, was den groben, den subtilen und den subtilsten Geist bezeugt, ohne von ihnen berührt zu werden.
Gewahrsein ist unveränderlich, zeitlos und immer gegenwärtig. Es ist das Licht, das das gesamte Feld der Erfahrung erleuchtet. Sobald wir beginnen, das Gewahrsein als unsere wahre Natur zu erkennen, klammern wir uns nicht mehr an vorbeiziehende Gedanken, Emotionen oder Identitäten. Stattdessen ruhen wir als der Zeuge aller Bewegung – unberührt und frei.
Dieses Gewahrsein erlaubt es uns, durch die Illusion der Trennung hindurchzusehen. Es ist die stille Präsenz, die alles trägt. Meditation, Selbsterforschung und Achtsamkeit sind Praktiken, die uns helfen, zu dieser Quelle zurückzukehren. Wenn wir tiefer in unsere innere Welt eintauchen – durch die Schichten des Geistes –, reinigen wir allmählich den Keller unseres Unterbewusstseins und lösen alte Muster und Erinnerungen auf, die unsere Klarheit verschleiern. Gewahrsein ist das Licht, das diese innere Reinigung möglich macht.
Meditation: Die Rückkehr zum Selbst
Meditation ist die bewusste Reise durch alle drei Schichten des Geistes. Sie beginnt an der Oberfläche – mit dem Gewahrsein von Gedanken und Sinneseindrücken – und führt dann nach innen, durch das Unterbewusstsein, bis hin zum subtilsten Geist. Von dort aus treten wir vollständig über den Geist hinaus – in das reine Gewahrsein.
Diese Reise spiegelt den Prozess des Schlafes wider. Doch im Gegensatz zum gewöhnlichen Schlaf erlaubt uns die Meditation, diese Zustände mit bewusster Präsenz zu durchschreiten. Wenn die Meditation so tief wird, dass alle geistige Aktivität sich auflöst und nur noch das Gewahrsein bleibt, wird der Zustand des Nirvikalpa Samadhi erreicht – reines Gewahrsein ohne Gedanken, Form oder Trennung. In diesem Zustand wird das Ego transzendiert, und das Selbst wird als grenzenloses Gewahrsein erkannt.
Fazit: Die Rückkehr zu unserem wahren Selbst
Die Reise durch die Schichten des Geistes – vom groben Geist über den subtilen bis zum subtilsten Geist und letztlich zum Gewahrsein – ist die Rückkehr zu unserem wahren Selbst. Es ist die Rückkehr zu dem, was wir im tiefsten Inneren sind – jenseits aller Geisteszustände, Gedanken und Emotionen. Meditation, Selbsterforschung und Achtsamkeit sind Werkzeuge, die uns helfen, das Gewahrsein zu erkennen und darin zu ruhen – das Licht, das alle Bewusstseinszustände erleuchtet.
Jeder Schritt auf diesem Weg ist eine Gelegenheit, uns selbst tiefer zu erkennen, zu heilen und zu erwachen. Wenn wir den Keller des Unterbewusstseins reinigen und erkennen, dass wir nicht der Geist, nicht der Körper und nicht das Ego sind – sondern das Licht, das all dies sieht –, beginnen wir, mit Klarheit, Mitgefühl und innerer Freiheit zu leben.
Wir sind nicht der Inhalt unseres Geistes.
Wir sind das Gewahrsein, in dem der Geist erscheint.
In diesem Zustand sind wir frei von den Begrenzungen des Geistes und des Egos. Wir erfahren einen tiefen Frieden, Klarheit und Einheit mit allen Wesen. Gewahrsein ist nicht nur etwas, das wir erleben – es ist das Fundament unseres Daseins. Indem wir das Gewahrsein erkennen und uns damit in Einklang bringen, kehren wir zu unserer wahren Natur zurück – und in dieser Rückkehr finden wir die höchste Freiheit.

